Letztens beim Frisör fiel mir das April-Heft der Wienerin in die Hände. Sehr schöne Aufmachung, nett durchzublättern. Inhaltlich auf den ersten Blick interessant. Auf den Zweiten nur schön. Okay, okay, die Wienerin ist nicht die Frankfurter Allgemeine aber ich wäre schon davon ausgegangen, dass die Stories wenigstens halbwegs recherchiert und nicht von einer einzigen (fragwürdigen) Website 1:1 abgeschrieben und hübsch gelayoutet sind.
Der Stein des Anstoßes: ein skurriler Artikel im Rahmen des Dossiers mit dem vielversprechenden Titel „Vagina – das geheimnisvolle Land“. Der Artikel „Die Genitalleserin“ handelte von einer georgischstämmigen Deutschen, welche ihre Dienste als Genitalleserin(!) feilbietet. Also einer Wahrsagerin, welche anstelle aus der Hand, am Genital die Zukunft abliest. Angeblich eine alte Tradition in Georgien.
aus Wienerin Nr. 235, April 2009Der Stein des Anstoßes: ein skurriler Artikel im Rahmen des Dossiers mit dem vielversprechenden Titel „Vagina – das geheimnisvolle Land“. Der Artikel „Die Genitalleserin“ handelte von einer georgischstämmigen Deutschen, welche ihre Dienste als Genitalleserin(!) feilbietet. Also einer Wahrsagerin, welche anstelle aus der Hand, am Genital die Zukunft abliest. Angeblich eine alte Tradition in Georgien.
Seite 156
(mit Erlaubnis meiner Frisörin extrahiert)
Typenlehre - Deutung
Es werden Typen beschrieben, welche anhand der Form ihrer Schamlippen (bzw. ihres Penis) charakterisiert werden. Desweiteren sei es möglich anhand bestimmter Merkmale, wie Ausformung und Färbung, konkrete Fragen zu klären und damit Entscheidungshilfe in allen Lebenslagen zu erhalten. 4000 Frauen in Deutschland und den Niederlanden hätten diesen Service bereits beansprucht (über den Wahrheitsgehalt bzw. Erfolg steht freilich nichts).
Online-Service
Das Service wird online angeboten – zwei Vagina-Fotos und 40€ und frau ist dabei. Männer benötigen übrigens 3 Fotos von ihrem besten Stück – Penislesen sei schwieriger (AHA!?).
Meine Nachforschung
Ich fand das Thema doch so skurril-interessant, dass ich mir den Spaß gönnte es zu googeln, bzw. die angegebene Website (für mehr Infos! – nicht mal als Quellenangabe, was passender gewesen wäre, denn auf der Originalwebsite steht nämlich genau nur das „zitierte“).
Die Homepage selbst ist eher popelig und offensichtlich nicht sehr aktuell. Immerhin, das Gästebuch ist unterhaltsam…. (kein einziger ernst zu nehmender Eintrag, was schon ein deutliches Indiz dafür ist, dass diese Seite schwerlich ernst gemeint sein kann – oder ein Marketingkrüppel dahinter steckt, wer sonst würde derartig „geschäfts- und rufschädigende“ Einträge stehen lassen?).
Google spuckte übrigens nichts über derartige Traditionen in Georgien aus, dafür jede Menge Foreneinträge, wo immer wieder über diese einzige Quelle diskutiert wurde. Das ist durchaus legitim. Ob das auch für einen derart simpel gestrickten Artikel in einem Hochglanz-Printmedium gilt ist fraglich. Sicherheitshalber wurde gar kein „Autor“ angeführt. Allerdings auch nicht der Hinweis „(bezahlte) Werbung“ oder "April, April" - immerhin, wenn man bedenkt, dass dieses Heft wohl zum 1. April erschienen ist, wiederum passend...
Anm. einer “Idipferlreiterin” bzgl. Layout: Die Orchideen sind hübsch. Ich liebe (wie wir wissen) Orchideen. Wie wir wissen, sind diese jedoch eher Symbol männlicher Genitalien (Orchid = grich. Für Hoden). Lotusblüten oder Pfingstrosen wären da schon passender gewesen… (s. linke Spalte).
Anm. 2: Georgien ist ein wunderschönes, interessantes Land (ja, ich war schon dort!), wo es bestimmt viele alte, spannende Traditionen gibt, ob Genitallesn dazu gehört bezweifle ich...
aber vielleicht kommt die gute Martha Olschewski ja aus Ratscha, das ist das georgische "Burgenland" bzw. "Ostfriesland". :-)
auch nicht schlecht: Wikipedia-Eintrag zum Thema "Vagina" auf Boarisch
Der Zweifel ist der Beginn der Wissenschaft. Wer nichts anzweifelt, prüft nichts. Wer nichts prüft, entdeckt nichts. Wer nichts entdeckt, ist blind und bleibt blind. (Teilhard de Chardin)