Dienstag, 25. März 2008

Unikum Herrenhandtasche

Ich dachte Herrenhandtaschen seien irgendwann in den Siebzigern, spätestens aber in den Achzigern ausgestorben – und das zu recht. Eigentlich waren sie eh immer out, oder?

Heute jedenfalls hab ich eines dieser „bedrohten Wesen“ gesehen: Ein Mann mit Herrenhandtasche. Eine Handgelenkstasche, wer es genau wissen will. Und das nicht etwa in einem betreuten Wohnheim für Senioren und auch nicht in einer Versuchsanstalt für modisch Verwirrte, nein: inmitten einem angesagten Sushi-Restaurant in bester urbaner Lage. Die zweite Überraschung: der Besitzer dieses Relikts der Siebziger Jahre war auch nicht das ältere Semester, wie man erwarten möchte. Es handelte sich auch nicht um Sandalen mit Socken- und Oberlippenbartträger Marke Mundl Sackbauer. Angesichts der Blicke die er seinem weiblichen Gegenüber zuwarf, verleitet mich gar zu der kühnen Annahme, dass er es nicht mal darauf anlegte „feminin“ zu wirken. Nein: der Halter dieses modischen Supergaus war bestimmt keine 30 und sah – abgesehen von IHR – durchaus süß aus. Das Outfit konservativ aber chic (Nadelstreifanzug, Hemd, Kravatte) und auch sein Verhalten entsprach so gar nicht der Anmutung, welche ihm sein Täschchen verlieh.

Nachdem ich mich vom ersten Schock erholt hatte und das unkontrollierte Gaffen einstellen konnte, begann ich mit diskreter Beobachtung. Was für ein Typ, der ansonsten überdurchschnittlich passabel aussieht und auch sonst nicht wie ein Freak wirkt, ist zu so einer modischen Fehlleistung in breiter Öffentlichkeit fähig?
Es stellte sich heraus: er war kein Österreicher! (es ist also nicht alles schlecht in diesem Land..). Er sprach mit seiner Angebeteten (die übrigens weit aus weniger süß aussah wie er – vielleicht hat sie ihm ja das Ding geschenkt? Das würde erklären warum sie mit ihm TROTZDEM ausgeht!) Englisch – mit einem typisch italienischen Akzent (und ich weiß, wovon ich spreche!).
AHA! Italiener waren sich ja noch nie zu cool um doch ein bisschen schwul zu wirken (Beine rasieren, Hochwasserhosen, wildes Gestikulieren mit den Händen…). Andererseits steht Italien aber auch für MODE und ist uns darin meist um Jahre voraus. ALARM! Das wird doch nicht etwa heißen, dass es sich bei meiner Sichtung heute um einen „Trendsetter“ handelt. Quasi der Vorhut eines, nicht wirklich neuen und auf gar keinen Fall wiederholenswerten, NEUEN TRENDS?

Ich bleibe dabei: Ein Mann mit Handtasche ist einfach uncool. Von Trendsetter kann da nicht die Rede sein. Schließlich Millionen können nicht irren. Wenn 99,99% der männlichen Bevölkerung ohne Handtasche auskommt, wozu sollte der Rest dann eine brauchen? Ok, ok, auch nicht alles was Frau so trägt, erfüllt einen echten Zweck, manchmal ist es einfach chic, schlicht emotionaler Bedarf… Aber dann ist es doch wenigstens SCHÖN! Herrenhandtaschen als Accessoire also? Allein mir fehlt die Vorstellungskraft! Der Effekt ist jedenfalls ungleich ein anderer als der von einem Paar unnötig teurer aber ultrachicer, sexy Stilettos… oder ein Glitzertatoo im Dekoltée.

Und ich kann diese Theorie auch widerlegen: Das von mir gesichtete Objekt war nicht nur „Zierde“ – zwar gar nicht soooo hässlich wie ich solcher Art in Erinnerung hatte – aber knalle voll!